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Wer sind denn eigentlich die Berber?

Wer sind denn nun die Berber überhaupt? Wie ich ja schon in meinem anderen Blog Artikel ´ über mich´ geäußert hatte, sollte man lieber Amazigh sagen, da sich die Menschen etwas beleidigt fühlen könnten wenn man sie "Berber" nennt. Um es etwas einfacher auszudrücken, ist es so, als würdest du einen Rumänen Zigeuner nennen, was dieser bestimmt auch nicht so toll finden würde :-)))

Aber jetzt mal etwas zum geschichtlichen Teil der Amazight: Laut wissenschaftlichen Forschungen nimmt man wohl an, dass es wirklich zwischen 30 bis 40 Millionen sprechende Berber in Afrika gibt. Ursprünglich kommen Sie aber aus Nordafrika, meistens aus Algerien und Marokko. Ein paar kleinere Stämme leben auch in Tunesien, Libyen, Mauretanien, Mali, Niger, Ägypten und Burkina Faso. Hier in Marokko gibt es an die 4 verschiedenen Stämme, auch wenn sie sich zwar alle ähnlich sehen und alle Tamazight sprechen ( der Name der Sprache), gibt es da enorme Unterschiede, wie zum Beispiel der starke Akzent. Es könnte sogar passieren, dass ein Berber aus den Bergen seinen Nachbarn der nur ein paar Stunden die Straße entfernt lebt, sprachlich überhaupt nicht mehr verstehen kann. So ähnlich wie bei den Deutschen und den Schweizern....

Im Norden leben die Riffberber, die kleinste Stammgruppe im ganzen Land und deren Dialekt nennt sich Tarafit. Vielleicht hast du auch schon etwas über die schrecklichen Riffdemos gehört die seit Ende 2016 bis heute zum Teil noch anhalten. Die Riffberber sind zum Teil meistens im Fang oder Verkauf von Fischen tätig, verdienen somit ihren Lebensunterhalt der wirklich nicht hoch ist, aber zum Leben gerade ausreicht. Die Demonstrationen begannen als ein junger, 31 Jahre alter Fischverkäufer, seine unberechtigte hohe Marktsteuer nicht entrichten wollte. Die Aufseher schmissen seinen hart verdienten Fang einfach in den Müllwagen und beim Versuch seinen Fisch zu retten, wurde er auf tragischste Weise in der Müllpresse zerquetscht…Dies löste natürlich Aufruhr aus und viele friedlich demonstrierende Freunde und Angehörige dieses Fischers wurden zu langen Haftstrafen verurteilt.

Im mittleren Atlas sind die Zayanes zuhause, die sich von Fes bis ganz in den Norden nach Marrakesch ausgebreitet haben. Sie sprechen Tamazight, was am meisten gesprochen wird und obwohl es kleine Dialekte in der Sprache geben kann, können sich Muttersprachler doch noch sehr gut verstehen. Manche der Zayanes, speziell die sich im Süden Nahe Ouarzazate aufhalten, sind bis heute noch Nomaden und reisen Jahreszeitenbedingt mit ihrem gesamten Hab und Gut durch die südliche Region. Dieser sowie der Hauptteil des hohen Atlas wird von den Shilhah bewohnt, dem größten Berberstamms Marokkos. Man sagt auch, dass sie die feinste Sprache sprechen, Tashlheit. Auch sind die meisten Filme und Musiktitel in diesem Dialekt produziert worden. Tashlheit sprechen auch die Menschen in Imlil und in den Dörfern rings herum in denen wir mit unseren Gästen wandern und leben.

Und jetzt wird es ganz interessant: Wie du vielleicht schon weißt, sind die Berber, genauso wie alle anderen Marokkaner auch, Muslime. Dies war aber nicht immer so… Vor der arabischen Invasion im siebten Jahrhundert waren sie entweder Christen, Juden oder sogar Philosophen die fest daran glaubten, dass auch Pflanzen, Tiere und die Erde eine eigene Seele und einen inneren Geist in sich trugen. Sie glaubten wirklich fest daran, dass wir alle miteinander auf irgendeine Art und Weise miteinander verbunden wären. Tattoos sind zum Beispiel heutzutage im Islam verboten, da sie als unrein gelten. Ältere Berber Frauen tragen aber immer noch einige , viele von denen auch im Gesicht. Dies führt wohl noch in die Zeit zurück in der sie einer anderen Religion angehörten. Wenn ich selber darüber nachdenke, fiel mir oft auf, dass die Berber ihre Tiere, die Natur, Lebensmittel und Mitmenschen viel feinfühliger behandeln als Marokkaner oder Araber das an sich tun würden. Sie werfen zum Beispiel auch nie Müll einfach so umher wie man es so oft in den größeren Städten sieht. Wenn in Marrakesch ein Esel bei knapp 50 Grad einen mit Steinen überladenden Karren hinter sich her zieht und ohne Wasser verdurstet, steht ein Maultier in den Bergen unter einem Baum neben frischem Wasser und Futter. Auch wird man als Tourist oder dort wohnendem Europäer immer mit offenen Armen zu Tee und Speisen begrüßt. Anders als im Inland wo meistens ohne Moos nichts los ist und es von einem erwartet wird den doch so gastfreundlich angebotenen Tee am Ende doch noch zu bezahlen- Und zwar noch mit einem Lächeln im Gesicht:-) Ein Amazight der immer noch in den Bergen oder der Sahara lebt, würde dies eher als eine Beleidigung ansehen. Ein anderer Grund warum es mich in die Berge verschlagen hat. Das mitmenschliche fehlt hier an keiner Ecke. Leider wurden sie bei der Eroberung der Araber aber dann dazu gezwungen zum Islam zu konvertieren. Für viele Berber heute noch ein schwieriger Schritt, speziell für die älteren die ja noch an etwas anderes gewöhnt waren. Heute gehört die Mehrzahl der Berber den muslimischen Sunniten an, obwohl aber bis 1960 noch viele auch zum Juden-und Christentum zählten. Dieses verringerte sich aber drastisch als viele Berber nach der offiziellen Unabhängigkeit Marokkos nach Europa, hauptsächlich Frankreich, auswanderten. Heute gibt es wirklich nur noch eine handvoll andersgläubige Berber in Marokko, was zwar irgendwie ´anerkannt´ aber auf keinen Fall gern gesehen ist. Also kein einfaches Leben für alle die nicht dem Islam angehören.

Die Berber haben eine sehr antike und historische Geschichte, die von vielen oft übersehen wurde, da sie keine geschriebene Sprache besaßen. Einer der ersten Hinweise wurde in bemalten Höhlen entdeckt. In Libya, Tadrart Acacus sowie in Tassilo n´ Ajjer, Algerien wurden zum Beispiel die ersten, an die 12000 Jahre alten, Malereien entdeckt, die das Leben auf der Farm und mit ihren Nutztieren beschrieben….. Wenn es ums Sozialleben der Berber geht, dann ist die ganz einfach und simpel aufgebaut. Jeder Berberstamm hat seine eigenen kleinen Regeln und Traditionen die auch jeder ohne Murren befolgt. Jeder Stamm hat eine Art Führer der das Sagen hat, so eine Art Bürgermeister. Im Mittelalter wurden sogar Frauen zu Führerinnen ernannt, was dich bestimmt jetzt überrascht, da dies ja in arabischen Ländern normaler Weise nicht so üblich ist. Die berühmteste aller Anführerinnen ist wohl Kabylia, die für die Rechte ihres Stammes gegen die Franzosen kämpfte. (Mehr davon erzähle ich dir in einem späteren Artikel).

Ehefrauen werden heutzutage ganz modern vom Mann ihres eigenen Stammes ausgesucht, auch obwohl man sich nicht wirklich vor der Ehe treffen darf und nur über Telefon und Socialmedia kommuniziert, passiert es nur noch in seltenen Fällen das die Familie den Ehepartner des Kindes bestimmt. Trotzdem müssen die Eltern einer Hochzeit zustimmen. Für uns natürlich eine verrückte Idee, da stell dir mal vor, deine Mama oder dein Vater entscheiden am Ende ob du heiraten darfst oder nicht, hehe. Aber hier, auch in Imlil, noch ganz normal. Geheiratet wird üblicher Weise zwischen dem 16. und 25. Lebensjahr. Bei den Tuareg Berbern in der Sahara darf aber die Frau selber aussuchen welchen Mann sie heiraten möchte. Dies kommt eigentlich immer auf den Stamm an und um es kurz zu machen: Das einhalten der traditionellen Sitten besteht darin in den eigenen Stämmen zu bleiben und schützt somit die Kultur der Berber im Allgemeinen bis heute, auch wenn alles langsam etwas moderner wird.

Von Region zu Region ist die Verteilung der Aufgaben im alltäglichem Leben etwas verschieden. Meistens ist es jedoch so, dass der Mann sich ums Familieneinkommen kümmert indem er oft in der Landwirtschaft, im Handwerk oder im Tourismus beschäftigt ist. Meistens dann als Fahrer, Bergführer oder in der größeren Stadt im Hotel. Die Frau bleibt zuhause und kümmert sich ums Kochen, putzen und die Kinder, um den gesamten Haushalt. Berber Gemeinschaften sind heute auch alle an fließend Wasser und Strom angeschlossen, nicht mehr wie es früher war. Dies hilft den Frauen auch enorm dabei verschiedene Pflanzen zur Färbung von Wolle und anderen Stoffen heranzuziehen. Ihr Tierhaushalt bietet den Zugang zu Wolle die sie zur Herstellung von Kilims benutzen, eine handgewebte Art von Teppich dessen Handel in Marokko sehr verbreitet und berühmt ist. Ihr Muster spiegelt das Design der verschiedenen Berber Stämme wieder und viele internationale Menschen kommen oft her, nur um nach edlen Teppichen Ausschau zu halten. Auch wird der Internethandel im Bereich handgewebter Teppiche immer mehr. Leider werden die Berber aber bis heute immer noch ausgenutzt und unterbezahlt. Wenn man mal bedenkt das es manchmal einen ganzen Monat lang dauert einen Teppich per Hand herzustellen aber dafür vom Händler umgerechnet nur 50 Euro zu bekommen und dieser aber dann im Geschäft zwischen 200-400 Euro verkauft wird. Nicht wirklich fair würde ich sagen…. Ausserdem werden auch noch andere handgefertigte Gegenstände wie Porzellan, Möbelstücke, Stoffe, und Schmuck von den Frauen und Männern angefertigt. Was man dazu auch noch oft findet, sind wunderschöne, künstlerische Muster in der Architektur.

Ich weiß nicht ob du es schon mitbekommen hast, aber Berber lieben Musik und spielen diese auch bei allen kleinen und großen Festen oder zu touristischen Unterhaltungszwecken wie in Hotels, Restaurants oder auf der Straße. Musik wird auch zu spirituellen Ritualen angewendet wie zum Beispiel zum vertreiben des Teufels oder auf Hochzeiten. Im Dorf wird meistens noch mit Trommeln und Flöten musiziert und zu ihrem Rhythmus wird getanzt. In manchen Stämmen dürfen aber nur Männer sich zur Musik bewegen, genau wie beim Fotografieren. Berber mögen es aber überhaupt nicht wenn man die Kamera auf sie hält, auch nicht für Geld, speziell wenn es um ihre Frauen und Kinder geht ist dies ein Tabu. Das ist auch ein Grund warum ich nicht viele Fotos von Menschen im Atlas hier auf meiner Webseite habe. Aus Respekt vor der Kultur sehe ich davon ab, sie mit meiner Kamera zu stören und mache es wirklich nur noch Aufforderung. Ich würde nicht mal mehr darum bitten, da ich weiß das sie es sich dabei nicht wirklich wohl finden es aber nur bewilligen um nett zu sein.. Wenn bei uns jemand einfach so eine Kamera auf uns hält, reagieren wir vielleicht auch etwas allergisch Das Essen der Berber ist in meinen Augen nach, das Beste was ich in all meinen Jahren in Marokko bekommen habe… Es ist super lecker und sehr frisch zubereitet, ist aber auch von Stamm zu Stamm anders. Genauso wie bei uns auch...

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